Ein Junge namens Nyoha - eine wahre Geschichte aus der Frühzeit des Menschen

Es war einmal, irgendwo in einem Tal in der Savanne Tansanias

Savanne im Tsavo East National Park (c) CT Cooper

„Nyoha war vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt, vermutlich hatte er schon eine erste Freundin oder eine ferne Liebe. Ob er mit einem Namen gerufen wurde? Keine Ahnung. Wir nennen ihn Nyoha, ein Name, den es bis heute als männlichen Namen bei einem der ältesten noch lebenden Völker Ostafrikas, den Hadza in Tansania, gibt.

Nyoha hat es sehr eilig. Wirklich sprechen kann er noch nicht, er äußert sich mit Lauten, Rufen, Jaulen, Grunzen. Etwas beunruhigt ihn. Er stößt seine zwei erwachsenen Begleiter, einen älteren Mann und eine junge Frau, mit der Faust gegen den Oberarm, zieht an ihrer Schulter, grunzt aufgeregt. Die beiden kapieren nicht, was er sagen will. Sie gehen langsam, viel zu langsam für den Jungen. Sie scheinen unbesorgt, glauben, dass Nyoha nur einfach ungeduldig ist. Nyoha packt einen Stein und wirft ihn wütend nach etwas in der Nähe. Der Stein landet im Schlamm. Es regnet.

Der ältere Mann geht lieber auf Händen und Füßen, offenbar ist das für ihn bequemer. Aber es dauert natürlich länger.  Die junge Frau stützt ihn, treibt ihn aber nicht zur Eile wie Nyoha. Die Fußspuren zeigen die Ungleichheit in den Bewegungen: Die behäbigen Bewegungen des Alten auf allen Vieren, das Umkreisen der jungen Frau, das aufgeregte Vor- und Zurücklaufen des Jungen.

Sie sind nun etwa in der Mitte des Tales, umgeben von Gras und trockenen Büschen, kein Baum, kein Fels ist in der Nähe, um sich vor dem Angriff von Raubtieren in Sicherheit zu bringen. Nyoha lässt nicht locker. Er springt auf und weist auf etwas. Wieder packt er einen Stein und hält ihn drohend nach oben. Hinter ihnen am Horizont ein Vulkan, der dunkle Wolken, aber kein Feuer mehr ausstößt. Vor ihnen in noch weiter Ferne eine Berge mit karger Bewaldung. Dorthin wollen die drei, vielleicht ist eine der Felshöhlen ihr gegenwärtiges Zuhause. Nyoha weist auf etwas in unmittelbarer Nähe. Plötzlich trennen sich die Fußspuren der drei: die des Alten verschwinden, die von Nyoha und der jungen Frau laufen zurück in Richtung des Vulkans, bevor auch sie auf nun wieder festerem Untergrund verschwinden.

Was ist geschehen? Wir wissen es nicht. Es kann sein, dass der Alte von einem Leopard, den Nyoha gesehen hat getötet und weggezerrt wurde. Es kann sein, dass er einfach erschöpft zusammengebrochen ist und nicht mehr weiter wollte. Es kann auch sein, dass Nyoha den Alten loswerden und mit der jungen Frau davon laufen wollte. Es kann sein... Wir wissen, dass Nyoha aufgeregt war, dass er sich bereits sicher aufrecht bewegen konnte, dass er Steine als Waffe und Handwerkszeug benutzte. Nyoha, ein Junge in Ostafrika, vor gut zwei Millionen Jahren....“

Die Geschichte von Nyoha hat Lutz van Djik in seinem Buch: Die Geschichte Afrikas erzählt. Nyoah gab es wirklich. Seine Spuren findest du in dem National Museum of Kenya in Nairobi