Madagaskar - die einstige Piratenrepublik

Der abenteuerlichste Teil der Geschichte Madagaskars handelt von Piraten. Zwischen 1690 und 1720 machten sie die Seewege im Indischen Ozean unsicher. Ihre Raubzüge erstreckten sich bis zum Roten Meer und zu den Küsten Asiens.

Madagaskar – eine Insel mit vielen Verstecken

Madagaskar war ein idealer Ort für die Piraten. In Madagaskar konnten sich die Piraten mit Frischwasser versorgen und sie fanden das beste Holz, um ihre Boote zu reparieren. Die vielen Buchten und Inseln boten ein ideales Versteck für die Piraten, die zumeist aus der Karibik kamen.  

Der Hunger Europas nach Gewürzen, Tee und Zuckerrohr

Ihre Opfer waren die großen europäischen Handelsgesellschaften, die Güter aus den sogenannten Gewürzländern nach Europa brachten. In Indonesien beluden sie die Boote mit Pfeffer, Muskat, Nelken und Ingwer. Aus Ceylon kam Zimt, Reis aus Indien, Tee und Zuckerrohr aus China. Aber auch Indigo, Gold, Edelsteine und Kupfer wurden nach Europa transportiert.

Mit dem Wind um die halbe Welt

Bis zum Oktober schob der südwestliche Monsunwind die Handelsschiffe nach Indien und Südostasien. Von dort starteten die Handelsschiffe im Januar ihre Rückreise. Der aus Nordost wehende Monsunwind trug sie nach Afrika. Mit dem Südostwind, der entlang der westafrikanischen Küste wehte, erreichten sie wieder Europa.

Wann begann die Piratenzeit?

Die Zeit der Freibeuter im Indischen Ozean begann mit dem legendären Schiff Amity.  Es gehörte des indischen Großmoguls Arangsib. Es befand sich auf dem Weg nach Djidda im Roten Meer.  Kapitän Thomas Tew kaperte 1693 das Schiff. Die Beute war so reich wie legendär, nach heutiger Währung besaß sie einen Wert von etwa 50 Millionen US Dollar.

Der berühmteste Pirat von Madagaskar

John Avery alias Captain Bridgeman ist Held der Seeräubersaga, die in Madagaskar spielt. Das beste an der Saga: sie ist wirklich wahr. John Avery hat von Madagaskar aus zwei indische Frachtschiffe aufgebracht und die größte Beute seiner Zeit gemacht. Der Wert der Beute lag nach heutiger Währung bei etwa 50 Millionen Dollar. Sein Reich lag versteckt in einer Bucht an der Nordspitze der Insel.

Die Mannschaften auf einem Piratenschiff

Die Mannschaften der Piratenschiffe waren international zusammengesetzt. Sie kamen aus aller Herren Länder, darunter ehemalige Sklaven, Matrosen, Missionare und Kapitäne gekaperter Schiffe. Untereinander ließen sich die Schiffsräuber meist in Ruhe. Die europäischen Piraten heirateten oft Töchter von lokalen Königen. Aus diesen Verbindungen entstanden die Mischlinge der malata oder Mulatten. Man nannte sie auch zana malata, Kinder der Mulatten.

Ein Piratenfriedhof erzählt viele Geschichten

Die Piraten hielten sich vorwiegend an der Ostküste und im Norden Madagaskars auf. Auf der Insel nosy boraha, nur wenige Kilometer von der Ostküste entfernt, kann man heute noch einen Piratenfriedhof besichtigen. Ein strategisch besonders günstiger Platz war die Bucht von Diégo-Suarez im äußersten Norden der Insel. Sie bot ein ideales Versteck vor feindlichen Schiffen. Hier hatten Piraten sogar eine eigene Republik gegründet, die sie Libertalia nannten. Hier gründeten zwei Freigeister- der ehemalige Dominikanermönch Caraccioli und der französische Schiffsnavigator Mission eine Republik, die wahrhaft utopisch war. Die Gründer nannten sie „Libertalia“. Diskriminierung stand unter Strafe. Wer jemanden wegen seiner Hautfarbe, Herkunft oder seines Dienstgrades benachteiligte, wurde bestraft. Der Besitz wurde geteilt. Daran gab es schließlich keinen Mangel. Die Fracht der überfallenen Schiffe sorgte für einen unermesslichen Reichtum. Anfangs zählte die Republik etwa 300 Bürger. Mehr und mehr Seefahrer schlossen sich der kleinen Republik an und bald dehnte sie sich bis ins Landesinnere aus. Die Freibeuter schlossen geschickte Allianzen mit den lokalen Königreichen. Der Binnenhandel zwischen Madagaskar und den Liberi begann zu blühen. Ein Haudegen aus Amerika namens Thomas Tew kreuzte auf und kämpfte sich an die Führungsriege vor. Etwa zwanzig Jahre nach ihrer Gründung ging die Republik unter. Ob  durch einen Angriff einer französischen Flotte oder durch den Überfall madagassischer Krieger ist im Dunkel der Geschichte. Caraccioli kam bei dem Kampf ums Leben, Mission, Tew und 45 weitere Piraten konnten auf zwei Schiffen fliehen. Tew wurde später bei einem Angriff auf ein indisches Pilgerschiff umgebracht. Mission ertrank bei einem Sturm vor Afrika. Die wachsende Präsenz von französischen Schiffen setzte der Piraterie auf Madagaskar und den umliegenden kleinen Inseln ein Ende. Die Piraten suchten sich neue Schlupfwinkel, wie ein gewissen John Plantain, der um 1724 an der Antongil-Bucht ein kleines Reich errichtet hatte.

Woher weiß man so viel über Piraten?

Das heutige Wissen über die Piraterie stammt von zwei Autoren, die sehr viel über Piraten von Seefahrern und Matrosen erfahren haben. Du kennst vielleicht die Geschichte von Robinson Crusoe, sie stammt von dem Engländer Daniel Defoe. Defoe wusste viel über die Piraterie und verfasste eine große Studie über die Freibeuter der Meere. Robert Louis Stevenson ließ sich von diesen Ereignissen zu seiner Schatzinsel inspirieren. Auch Gerichtsakten und Aufzeichnungen aus Logbüchern und Geschäftsprotokollen der Handelsgesellschaften spielen eine große Rolle in der Piratenforschung.