Völker und Sprachen in Niger

Niger ist ein Vielvölker-Staat mit über 22 Millionen Bewohnern. Ein Großteil der Bevölkerung lebt im Süden mit den großen Städten Niamey, Maradi und Zinder. Diese Regionen sind der fruchtbare Streifen entlang der Grenze zu Nigeria und  entlang des Flusses Niger. Niger ist ein "junger" Staat,  mehr als die Hälfte der Bewohner ist jünger als 15 Jahre. Mehr als die Hälfte der Bewohner zählen zu den Hausa, die Songhai machen etwa 20 Prozent aus, die Fulbe und die Tuareg je etwa 10 Prozent. Die BeriBeri und die Tubu machen zusammen etwa 4 Prozent der Bevölkerung aus. Aufgrund ihrer Lebensform als Bauern, Nomaden und Händler oder Viehzüchter nutzen die einzelnen Völker verschiedene geografische Räume. Auf dem Foto rechts siehst du eine Hausafamilie, die auf dem Land lebt.

Die Hausa

Die Hausa sind Händler und Handwerker. Sie sind verstreut über Nord-, West- und Zentralafrika. Ihre Kerngebiete liegen in Niger und Nigeria. Sie leben vor allem im Süden des Landes, in den Städten Tahoua, Maradi und Zinder. Mit etwa 5 Millionen stellen sie die Hälfte der Bevölkerung von Niger dar. Die Hausa sind in Westafrika eines der dominierenden Völker. Besonders in Niger, aber auch im Norden Nigerias sind die Hausa bis heute wichtiges Element der modernen Staaten. Im Norden von Nigeria bestimmen sie das politische Leben. In dem Grenzgebiet zwischen Niger und Nigeria befanden sich einst die ehemaligen Hausa-Staaten. Ihr Handel erstreckte sich über die südliche Sahara bis nach Westafrika. Heute noch nutzen die Händler alte Karawanenwege von Kano über Katsina in den Niger. Die meisten sind jedoch nicht mehr mit dem Kamel unterwegs, sondern mit Lastwagen. Viele Hausa betreiben heute auch Landwirtschaft. Die Hausa sind bekannt für ihre Musik. Die Musik basiert auf einer Liedtradition, die von einem Sänger zumeist mit Trommelbegleitung vorgetragen wird. Es gibt Preislieder für Herrscher und für andere wohlhabende Auftraggeber, sowie Lieder, in denen es um Alltagsthemen geht. Die Hausa sind überwiegend Sunniten, nur wenige pflegen noch ihre traditionelle afrikanische Religion.

Die Djerma und Songhai

Die Djerma und Songhai sind Feldbauern und betreiben Viehzucht. Sie sind auch für ihr Kunsthandwerk bekannt. Die Songhai siedeln im Tal des mittleren Nigerflusses. Die Songhai blicken auf eine lange Geschichte zurück. Das Songhaireich mit der Hauptstadt Gao wurde im Jahr 700 gegründet und hatte 900 Jahre Bestand. Die Siedlungsgegend der Djerma ist das Gebiet rund um die Hauptstadt Niamey und Dosso. Die Sprache und die Kultur der beiden Völker ist sehr ähnlich.

 

Die Tuareg

Die Tuareg leben in den Trockensavannen von Mali, Niger, Libyen, Algerien und Burkina Faso. Sie zählen zu den Berbern. In früheren Zeiten betrieben sie den Salzhandel durch die Sahara und waren am Sklavenhandel mit Arabien beteiligt. Einige Tuareg sind noch Nomaden, sie ziehen mit ihren Kamel-Karawanen durch die südliche Sahara, betreiben Salzhandel oder handeln mit Schmuck, Gerätschaften und Werkzeugen. Einige züchten Kamele und halten auch Kleintiere. Einige Gruppen besitzen auch Rinder und betreiben Gartenbau. Heute kämpfen die Tuareg um das politische Mitspracherecht über ihre einstigen Wandergebiete und heutigen Siedlungsgebiete.

Mehr über die Tuareg

 

Die Fulbe und Wodaabe

Gerewolfest der Wodaabe (c) Dan Lundberg

Die Fulbe betreiben Rinderzucht  und zum Teil auch Feldbau. Sie sind in ganz Westafrika verstreut. Ein Teil der Fulbe wurde sesshaft und gründete schon vor der Kolonialzeit Staaten. Ein anderer Teil blieb dem Nomadenleben treu, die Wodaabe, die auch "Vögel der Wildnis" genannt werden. Die Wodaabe, auch „Volk des Tabus“ genannt, sind eines der letzten Völker Afrikas, die sich in der Sahelzone ihr vollnomadisches Dasein bewahrt haben. Sie züchten Rinder und ziehen mit ihren Herden dem Regen nach, dorthin, wo es genügend Wasser und Weideplätze gibt. Am Ende der Regenzeit findet das Gerewolfest statt. Die jungen Männer schmücken sich, tragen prächtige Federn auf dem Kopf und schminken sich auffällig. Am Körper tragen sie Perlen, Schmuckstücke aus Messing und blinkende Spiegelchen. Sie tanzen mehrere Tage lang einen Ausdauertanz, dabei lächeln sie, um ihre blitzenden Zähne zu zeigen und rollen mit den Augen, um die Frauen zu beeindrucken.

Die Frauen haben „Damenwahl“, sie bestimmen, wer der Schönste ist und die Nacht mit ihnen teilen darf. Ein Kind vom schönsten Tänzer gilt als Glück und Privileg. Die Wodaabe haben viele Tabus. Sie sind vermutlich das einzige Volk, das jahraus jahrein ohne Behausung auskommt. Sie schlagen ihr Lager unter einem Dornenbusch auf, dessen Äste ihnen als Dach ausreicht. Wenn es regnet, flüchten sie sich unter eine Matte und warten, bis der Regenguss vorüber ist. Besonders merkwürdig ist, dass die Eltern nie mit ihren ersten Kindern direkt sprechen. Das dürfen nur die Großeltern. Sie haben eine besonders innige Beziehung zu ihren Enkeln und sind die eigentlichen Eltern. Noch eine Merkwürdigkeit gibt es bei den Wodaabe. Es finden sich keine Alten unter ihnen. Es scheint, als würden die Altersschwachen die Gruppe verlassen, um keine Belastung für die Jüngeren zu sein. Es gibt auch keine Gräber. Niemand weiß, wo sie ihre Toten bestatten.

 

Die Tubu

Die Tubu werden auch Felschenmenschen oder Menschen des Gebirges genannt. Sie leben in der zentralen Sahara, im heutigen Gebiet von Tschad, Niger, Sudan und Libyen. Sie betrieben früher Karawanenhandel, heute sind sie Kleintierhalter und betreiben Kamelzucht. Sie ziehen mit ihren Schafen und Ziegen durch die nördlichen Grasebenen und das Tibestigebirge. Sie sind freiheitsliebend und haben sich nie kolonialisieren lassen. Die meisten sind Anhänger des muslimischen Glaubens, den sie an ihre Lebensweise angepaßt haben. Dazu gehört, dass die Stellung der Frau stark ist. Sie bestimmt über die Geschicke des Clans mit. Dazu musst du wissen, dass die Tubu sich mehr ihrem Clan zugehörig fühlen als ihrem Volk.  Die Kanuri leben im Mangaland. Sie sind Oasenbauern und haben große Erfahrung mit Bewässerungssystemen und der Kultivierung von Dattelpalmen. Als typische Oasenbewohner nehmen sie auch am Karawanenhandel teil.

Die Yedina

Die Yedina werden die "Menschen der hohen Gräser" genannt. Sie leben an den Ufern des Tschadsees und auf den Inseln. Sie betreiben Fischfang und Rinderzucht. Sie sind stolz auf ihre Kouri-Rinder, die wegen ihrer großen 'Amphibienhörnern' sehr begehrt sind. Die Gurmantche sind eines der ältesten Völker Westafrikas. Sie leben als Bauern und sind sehr traditionell. Sie glauben an die Religion ihrer Vorfahren und pflegen die alten Riten und Feste. Die Mehrheit lebt in Burkina Faso, aber auch in Benin, Ghana und Togo.

Mit einem Scherz kann man Streit schlichten

Zwischen Nomaden und festansässigen Völkern kommt es immer wieder zum Streit über die Wassernutzung und Weideflächen. Wie schaffen es die verschiedenen Völker, friedlich miteinander auszukommen? Die Völker sind durch sogenannte "Scherzbeziehungen" miteinander verbunden. Kommt es zum Beispiel zu einem Streit zwischen den umherziehenden Tubu und Bauern aus dem Volk der Fulbe, dann schlichtet ein 'Cousin' aus einem anderen Volk den Streit. Auch im täglichen Leben versucht jeder, durch Scherze den anderen zum Lachen zu bringen. Was gar nicht geht: Jemanden mit Absicht zu verletzten.

Die Sprachen in Niger

In Niger werden mindestens neun Sprachen gesprochen, und diese Sprachen sind auch noch sehr verschieden. Viele Sprachen in Niger werden auch in anderen Nachbarländern gesprochen: so kommt es, dass Hausa von ca. 120 Millionen Menschen, Fulfulde von etwa 25 Millionen und Tamasheq von 1,2 Millionen gesprochen wird. Hinzu kommt noch Französisch, das seit der Kolonialzeit in Niger gesprochen wird und heute Amts- und Verkehrssprache ist. Wie in zahlreichen Nachbarländern sprechen die meisten mehr als zwei Sprachen. Besonders die Nomaden sind vielsprachig, manche beherrschen vier oder fünf Sprachen.