Völker und Sprachen

Der Sudan ist ein Vielvölkerstaat, in dem 15 größere Völker mit mehreren Hundert Untergruppen leben. Im Norden leben überwiegend islamisch-arabische Völker, im Süden leben schwarzafrikanische Völker. Die Bevölkerung im Sudan ist jung, wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsalter bei etwa 18 Jahren liegt. Das Bevölkerungswachstum im Sudan beträgt etwa 2 Prozent. Die Lebenserwartung für Männer liegt bei 58 und für Frauen bei 60 Jahren. Die niedrige Lebenserwartung hängt damit zusammen, dass der Sudan zu den ärmsten Entwicklungsländern Afrikas gehört. Es gibt keine soziale Absicherung, und die medizinische Versorgung ist vor allem auf dem Land schlecht.

Die arabisch islamischen Völker im Norden von Sudan

Etwa 70 Prozent der Sudanesen rechnen sich zur islamisch-arabischen Bevölkerung. Arabische Gruppen arbeiten als Händler und Viehzüchter. Sie bestimmen die Gesellschaft und die Politik im Norden des Landes. In der Wüste leben halbnomadische Völker wie die Kababish. Sie ziehen mit Ziegenherden und Kamelen durch die Wüste, auf der Suche nach den besten Weidegründen. Zu diesen Völkern zählen auch die Bedscha, die die Wüste zwischen Ägypten und Sudan durchwandern. Sie schlafen in Rundzelten, die sie in ein paar Stunden aufgebaut haben. Die Zelte schützen sie vor den extremen Temperaturschwankungen in der Wüste. Tagsüber kann es manchmal 40 ° heiß werden, nachts ist es dann oft sehr kalt, die Temperaturen fallen auf 4 Grad und weniger. In den Städten leben Araber und Schwarzafrikaner aus allen Teilen des Landes.

Beduine in Ababda (c) Klaus Polak

Sudanesische Frau mit Kopfbedeckung (c) mar

Kamelfrührer in der Wüste von Sudan (c) Pier Luigi Bertola

 

Mehr über die Bedscha

 

Afrikanische Völker im Süden von Sudan

Im Süden leben überwiegend afrikanische Völker, die Ackerbau und Viehzucht betreiben.   

Die Nuba

Die Nuba leben in den Nuba Bergen im Süden des Sudan. Sie sind die größte nichtarabische Volksgruppe im Land, ihre Bevölkerungszahl liegt bei über einer Million. Man nimmt an, dass die Nubier von den Kuschiten abstammen. Wahrscheinlich ist, dass sie ursprünglich in tiefer gelegenem Gelände gelebt hatten. Um den Sklavenjägern zu entgehen, die im 19. Jahrhundert ganze Dörfer entvölkerten und nach Arabien in die Sklaverei verschleppten, zogen sich die Nubier in die Berge zurück. Dafür sprechen eigene Überlieferungen. Die Nuba sprechen etwa vierzig verschiedene Sprachen und Dialekte. Die Sprachenvielfalt wird mit der Rolle der Nubaberge als altes Rückzugsgebiet für kleinere Volksgruppen erklärt. Das Arabische ist als Zweit- und Verkehrssprache verbreitet. Sie betreiben in den Bergen im südlichen Sudan Ackerbau. Sie bauen Hirse und Früchte an. Sie leben traditionell, sie kleiden sich mit Gürteln aus Rinden, buntem Stoff und Leder. Sie tragen Schmucknarben, die durch leichte Einritzungen in der Haut entstehen. Die Nuba feiern ein großes Erntedankfest, zu dem alle Nuba zusammen kommen. Jeder will die Ringkämpfe sehen, die sie an diesem Fest abhalten. Die Nuba gerieten auch zwischen die Fronten des Bürgerkriegs im Sudan. Mehr als 200 000 starben in dem schrecklichen Bürgerkrieg im Land. Die Überlebenden müssen selbst den Frieden fürchten. An den strohgedeckten Kralhütten der Nuba vorbei verläuft die Front im Sudan, zwischen Muslimen und Christen, Arabern und Afrikanern, zwischen Nord und Süd. Die Heimat der Nuba, eine fruchtbare Berginsel, groß wie Österreich, ragt aus der Savanne des Nordsudan heraus. Eine schwarze Insel im arabischen Norden.

Die Dinka

Die Dinka leben im Süden des Landes und in Südsudan. Sie züchten die Zeburinder, die große Hörner tragen. Ähnlich wie bei den Massai ist die Anzahl der Rinder Ausdruck ihrer sozialen Stellung und ihres Erfolges. Jeder Junge erhält bei seiner Initiation einen Ochsen als Geschenk. Von da an wird der Name des Tieres zum Namen des Jungen. Dinka sind ab dem 13. Jahrhundert auf der Flucht vor Dürre und Sklavenhandel aus der zentralsudanesischen Region Gezira nach Süden gewandert. Mit Viehzucht als wirtschaftlicher Grundlage konnten sie lange Strecken zurücklegen und Trockenperioden überstehen. Dadurch waren sie den Ackerbau treibenden Völkern des Südens überlegen. Sie folgten den Nil-Hauptflüssen. Dinka leben auf dem Land in weit verstreuten Einzelgehöften aus runden Lehmhäusern mit grasgedeckten Kegeldächern, Viehställen und einigen Feldern in der Nähe. Sie leben halbnomadisch. Wenn nach zehn bis zwölf Jahren der Boden erschöpft ist, geben sie die Siedlung auf und errichten an anderer Stelle eine neue Siedlung.

Die Fur und die Flüchtlinge von Darfur

Im Westen von Sudan, an der Grenze zu Tschad, liegt Darfur. Hier leben die Fur und andere schwarzafrikanische Völker. Einst war Darfur ein Zentrum des Sklavenhandels. Im 21. Jahrhundert geschah hier der erste Völkermord. Die dortige Bevölkerung hatte sich gegen Unterdrückung gewehrt. Insbesondere zwei Rebellengruppen erhoben sich gegen die Regierung. Ein Bürgerkrieg brach aus. Daraufhin begann die Regierung des ehemaligen Präsidenten Omar al-Bashir 2003 einen Feldzug gegen die dort lebenden Völker mit Luftbombardements und Bodenangriffen. Über 300 000 Menschen kamen dabei um, und drei Millionen Menschen wurden vertrieben.

Glaube und Religion im Sudan

Der Großteil der Bevölkerung lebt nach den Geboten des Islam und kleidet sich traditionell. Die Männer tragen eine lange Toga und Turban. Frauen bekleiden sich ebenfalls mit einer Toga, darüber hüllen sie einen feinen, bunten Stoff, wie die Sudanesin oben im Bild. Sudan ist ein islamisches Land. Das Rechtssystem ist bestimmt von der Scharia. Auspeitschen, Steinigen und Kreuzigen sind legale Formen der Bestrafung. Der Islam in Sudan ist volkstümlicher als anderswo in Afrika. Die Sudanesen verehren Heilige und Geister und beten zur Jungfrau Maria. Für einen arabischen Islamgläubigen wäre das undenkbar! Auch in den Städten ist das Leben noch sehr traditionell und vom Islam bestimmt. Auf den Straßen und auf den Märkten der Städte sieht man kaum Frauen.

 

Leben in der Familie                  

Das Leben in der Familie ist traditionell und wird von den Männern bestimmt. Kinder wachsen mit mindestens vier Geschwistern auf. Sie müssen früh auf den Feldern oder im Haus mitarbeiten und die jüngeren Geschwister beaufsichtigen. Neun von zehn Mädchen werden beschnitten und früh verheiratet. Allerdings ist die Beschneidung von Mädchen mittlerweile verboten. Auf ihre Bildung wird wenig Wert gelegt. Nur wenige Mädchen studieren und ergreifen einen Beruf vor ihrer Verheiratung. Verheiratete Frauen sind nicht selbstbestimmt. Ihre gesellschaftliche Rolle ist beschränkt auf die Familie und die Kindererziehung. Auch politisch sind sie unterrepräsentiert. Langsam ändert sich die untergeordnete Rolle von Frauen. Sie können seit 2020 mit ihren Kindern verreisen, ohne zuvor die Einwilligung männlicher Verwandter einholen zu müssen. Die Kleidungsvorschriften für Frauen wurden liberalisiert, sie werden beim Sport nicht mehr eingeschränkt. Diese Verbesserungen gibt es seit Frauen während der Massenproteste 2018/2019 gegen den gestürzten Langzeitpräsidenten Omar al-Baschir eine tragende Rolle spielten.

Sprachen und Dialekte im Sudan

Die etwa 40 Millionen Sudanesen sind in 596 ethnische Gruppen aufgeteilt, die über 400 verschiedene Sprachen und Dialekte sprechen. Arabisch wird vor allem im Norden gesprochen. Afrikanische Sprachen sind im Süden verbreitet. Sudan war zeitweise englische Kolonie, deshalb ist die englische Sprache weit verbreitet.

Berühmte Persönlichkeit: Taharqa, der schwarze Pharao