Mantis und der törichte Vogel Strauß
Eine Buschmann-Geschichte
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Die Buschmenschen kennen die meisten Geschichten über Vogel Strauß. Das liegt daran, dass Strauße in denselben trockenen Savannen und Halbwüsten leben wie die Buschmenschen. Von den Vögeln beziehen die Buschmenschen sehr viel: Fleisch, Eier und Federn. Sie machen mit den Schalen von Straußeneiern Feuer. Die leeren Eier dienen ihnen als Wasserbehälter, und Plättchen aus Eierschalen verarbeiten sie zu Ketten. Eine ganze Menge also. Die Buschmenschen bedanken sich bei Vogel Strauß auf ihre Weise, indem sie sich viele Geschichten über ihn ausdenken. Hier ist eine Geschichte, die die Buschmenschen in Namibia erzählen.
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Am Anfang der Zeit hatte Mantis, die Gottesanbeterin und Helferin Gottes, Bedenken, den Menschen das Feuer zu schenken. Mantis hatte Angst, dass die Menschen sich mit dem Feuer verbrennen könnten. Also beschloss er, Vogel Strauß damit zu beauftragen, das Feuer zu hüten, damit es nicht in falsche Hände geriet. „Wenn irgendein Wesen dem treuen und sturen Strauß das Feuer wegnehmen kann, dann ist es sicher klug genug, um es umsichtig zu gebrauchen,“ überlegte Mantis. Zufrieden mit dieser Schlussfolgerung übergab er Vogel Strauß das Feuer samt genauen Anweisungen, wie er damit umgehen soll und verschwand wieder im Himmel.
Vogel Strauß versteckte das Feuer sorgfältig unter seinem rechten Flügel. Aber der erste Buschmann beobachtete ihn dabei und wollte das Feuer unbedingt in seinen Besitz bringen. Er wollte damit sein Essen kochen, es sollte ihn nachts wärmen, wenn es kalt wurde. Und es sollte die Raubtiere fernhalten, die nachts auf Beutezug waren. Wie gut wäre es doch für ihn und seine Familie, Feuer zu besitzen! Der Buschmann sann darüber nach, wie er Vogel Strauß das Feuer entwenden könnte. Dann hatte er eine Idee!
Am nächsten Tag ging der Buschmann zum Vogel Strauß und machte ihm höflich seine Aufwartung. Damals konnte der Buschmann noch mit allen Tieren reden. Vogel Strauß starrte ihn misstrauisch an, doch trotz seiner Vorbehalte erwiderte er den Gruß des Menschen.
„Oh du schöner und weiser Vogel Strauß,“ sagte der Buschmann. „Oh du größter aller Vögel. Ich habe eine gute Nachricht für dich!“ „So?“ fragte Vogel Strauß neugierig. „Ja wirklich, oh du Prächtiger,“ versicherte ihm der Buschmann. „Ich hatte letzte Nacht einen wunderschönen Traum. Mir träumte, du könntest fliegen.“
Vogel Strauß blickte ihn verdrießlich an. Der Buschmann hatte ihn an seinem wundesten Punkt erwischt. Denn in Wirklichkeit konnte Vogel Strauß nicht fliegen. Jeder wusste das!
„Wie denn das?“ verlangte er zu wissen. „Ich träumte, dir würde die Gabe des Fliegens geschenkt, wenn du vor Sonnenaufgang mit ausgebreiteten Flügeln im starken Wind stehst. Der Traum sagte mir, wenn du deine Augen schließen und deine Flügel ausbreiten würdest, könntest du abheben und dich wie ein Adler in die Lüfte schwingen!“
Vogel Strauß ließ der Gedanke nicht mehr los, fliegen zu können. Es war sein größter Herzenswunsch. Und so stand er gleich am nächsten Tag vor Sonnenaufgang hoch oben auf einem Hügel im frischen Morgenwind, die Flügel ausgebreitet und die Augen fest geschlossen. Er bemerkte nicht, dass er nicht allein war. Der Buschmann war ihm gefolgt und wartete nur auf seine Chance.
Während Vogel Strauß dort stand und gerade abheben wollte, schlich sich der Buschmann heran. Er schnappte sich das Feuer aus dem Versteck unter dem rechten Flügel und machte sich damit davon so schnell er konnte. So erhielten die Menschen die größte aller Gaben von Mantis, das Feuer!
Vogel Strauß aber war so erbittert, dass er sich hatte überlisten lassen, und so enttäuscht, dass er doch nicht fliegen konnte, dass er darüber den Verstand verlor. Tatsächlich wurde er so dumm, dass er heute sogar beim Brüten einiges verkehrt macht. Während er auf dem ersten Ei sitzt, muss er die anderen Eier neben sein Nest legen, damit er nicht vergisst, was noch zu tun ist.