Der blonde Araber, Barbarossa und die Korsaren

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In Nordafrika machten Korsaren die Küsten unsicher. Korsaren waren Piraten muslimischer Herkunft. Man nannte sie auch Barbaresken. Sie überfielen europäische Handelsschiffe und raubten die Küstenstädte aus. Ihr Aufstieg im 16. Jahrhundert begann mit dem Osmanischen Reich. Die osmanischen Sultane wollten die Herrschaft über Nordafrika erringen. Gleichzeitig fürchteten sie den Eroberungsdrang der Spanier. Die Osmanen erkannten, dass die Korsaren mit ihren schlagkräftigen Flotten für sie ein idealer Verbündeter waren. Mithilfe der Korsaren konnten sie einen Seekrieg gegen die Christen führen und die Spanier schwächen. Das Bild rechts zeigt das Deck eines Korsarenschiffes vor der Küste von Nordafrika.

Die Flotten der Korsaren

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 Die Korsaren waren meist mit sechshundert bis tausend Mann unterwegs, die auf drei oder vier Schiffen verteilt waren. Ihre Galeeren waren schnell, wendig und in bestem Zustand. Sie waren nur schwach mit Geschützen bestückt. Doch das war kein großer Mangel. Denn bei Flaute waren sie bloßen Segelschiffen weit überlegen. So konnten sie oft eine ganze Handelsflotte zerstören. Auf den größeren Galeeren hatten die Korsaren Sklaven eingesetzt. Auf den kleinen Galeeren mussten sie selbst rudern. Das bedeutete, jeder Mann an Bord war auch ein Kämpfer, bewaffnet bis an die Zähne und zu allem entschlossen.  Das Bild links zeigt eine Seeschlacht zwischen Korsaren und einer europäischen Handelsflotte.

Die Beute der Korsaren

Murat Reis Korsar Jan Janszon

Die Korsaren waren nicht nur auf die Fracht der Handelsschiffe aus. Sie entführten auch Passagiere und Mannschaften und erpressten Lösegeld. Wenn die Entführten keine reichen Familien hatten, die für sie zahlen konnten, wurden sie versklavt. In manchen Monaten erbeuteten die Seeräuber 1000 christliche Sklaven. Von  ihren Raubzügen waren zunächst nur die christlichen Mittelmeerländer betroffen. Die Korsaren teilten die Gefangenen unter sich auf. Ein Teil wanderte sofort als Galeerensklave auf die bereitstehenden Schiffe, die zu neuen Raubjagden aufbrachen. Der andere Teil wurde zum Menschenmarkt in Algier verschleppt. Ihre Ankunft in der Stadt wurde jedes Mal euphorisch begrüßt. Aus dem Bild links siehst du den Korsaren Jan Janzson

Der Menschenmarkt von Algier

Algier war durch seine Lage am Mittelmeer ein idealer Stützpunkt für die Korsaren. Die Stadt wurde beherrscht von dem osmanischen Korsaren Khair ad-Din, genannt Barabossa. Algier besaß eine Festung, einen sicheren Hafen und beherbergte einen der größten Sklavenmärkte in Nordafrika. Im 16. Jahrhundert lebten 25 000 weiße Sklaven in Algier. Ein Ausrufer führte die Gefangenen auf dem Markt herum. Sie wurden von Fremden betastet, mussten ihnen die Zähne zeigen und wurden zum Hüpfen und Laufen gezwungen. Wenn sie von keinem Händler oder Bauern gekauft wurden, landeten sie zu einem Spottpreis auf den Galeeren. Für hochrangige Gefangene erzielten die Händler bis zu 500 Gold-Escudos. Das war mehr als der doppelte Preis eines normalen Sklaven. Reiche Gefangene erfuhren eine bessere Behandlung als ihre armen Leidensgenossen. Die Händler hofften, später für sie ein hohes Lösegeld zu erzielen. Schlimmer erging es denjenigen Sklaven, die versuchten zu fliehen. Wurden sie gefasst, erwarteten sie schreckliche Strafen.

Die Piratenrepublik in Marokko 

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Die Piratenrepublik Bou-Regreg war der bekannteste Stützpunkt der Seeräuber in Nordafrika. Sie lag in Marokko. Dort, wo der Fluss Bou-Regreg in den Atlantik mündet, befanden sich zwei Städte. Am rechten Flussufer lag die Stadt Salé und am linken Ufer lag die Stadt Rabat. Von beiden Städten aus hatten die Piraten einen hervorragenden Ausblick auf vorbeifahrende Schiffe. Dass aus dem Stützpunkt eine richtige Piraten-Republik wurde, lag an zwei Männern: an dem Wunderheiler Muhammad al-Ayyashi und an dem Niederländer Jan Janszoon, der auch "der blonde Araber" genannt wurde. Viele Gläubige suchten Muhammad al-Ayyashi Rat, und bald drang sein Ruf bis zum Sultan des osmanischen Reiches. Der Sultan ernannte ihn zum Gouverneur von Salé. Doch al-Ayyashi wollte sich nicht mit dem Gouverneursposten begnügen. Er wollte die Christen von den Küsten Nordafrikas vertreiben. Mit seinen Flotten griff er spanische, portugiesische und französische Schiffe an und raubte die wertvollen Frachten. Er wurde in Europa zum Staatsfeind Nummer eins. Aber keinem Europäer gelang es je, ihn zu fassen. Es waren die Andalusier in der Schwesternstadt Rabat, die ihn bei einem Gefecht 1641 zur Strecke brachten. Nach seinem Tod wurde er zu einem der beliebtesten Helden der marokkanischen Geschichte. Auf dem Bild links siehst du den Sultan von Marokko.

Der Untergang der Korsaren

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Die Europäer versuchten über viele Jahre hinweg, die Flotten der Korsaren zu vernichten. Französische Flotten riegelten 1827 den Hafen von Algier ab. Truppen drangen ins Landesinnere vor und eroberten ganz Algerien. Bald darauf zwang Frankreich auch die Korsaren von Marokko, dem Freibeutertum abzuschwören. Doch die Korsaren ließen sich ihr einträgliches Geschäft nicht verbieten. Daraufhin nahmen Franzosen und Engländer gemeinsam die Städte Salé und Rabat unter Beschuss. Die Freibeuter verteidigten ihr Reich mit Klauen und Zähnen, doch 1829 mussten sie sich geschlagen geben. Ausgerechnet das kleine Österreich war siegreich gegen die Freibeuter. Es wollte sich für das Versenken seiner Handelsflotte rächen, bei dem die gesamte Besatzung umgekommen war. Die Österreicher vertrieben die Seeräuber von Bou-Regreg und nahmen auch alle anderen marokkanischen Küstenstädte unter Beschuss. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Korsarentum praktisch ausgeschaltet.

Schon gewusst? Die Schrecken der Freibeuterei kann man an den Zahlen der Sklavenhändler ablesen. Von den Korsaren sind zwischen 1530 und 1780 fast eineinhalb Millionen Menschen versklavt worden, die meisten davon durch Raubzüge an den Küsten Italiens, Spaniens und Portugals.